Walrat (Walöl)
Der oder Das Walrat (auch Tran, Polaröl, Walöl, Fischöl, Spermazeti, Spermaceti, Weißer Amber, Cetaceum genannt) ist eine fett- und wachshaltige Substanz aus der Melone im Kopf von Pottwalen. Wegen seiner vielfältigen Anwendungen wurden Pottwale zu einem bevorzugten Objekt des industriellen Walfangs.
Ursprünglich ging man davon aus, dass Spermaceti (lateinisch sperma ceti) das Sperma des Pottwals sei. Cetus bedeutet auf lateinisch Seeungeheuer oder Wal, wörtlich übersetzt bedeutet Spermaceti also Walsperma (früher auch Walsat genannt). Bis heute wird der Pottwal auf englisch Sperm whale genannt.
Die deutsche Bezeichnung Walrat rührt daher, dass die Substanz als Heilmittel galt („Dieweil es bald hilft und rath thut in etlichen gebrechen“, Adam Lonitzer).
Walrat ist nicht mit Ambra zu verwechseln, wurde aber früher auch als „(weiße) Ambra“ bezeichnet.
Dieses weiße, weiche, schwammige Gewebe befindet sich über den Kieferknochen und ist mit Spermaceti gesättigt. Sticht man einem lebendigen bzw. noch warmen Pottwal in den Vorderkopf, fließt Spermaceti aus der Wunde.
Ein 15 m langer Pottwal hatte durchschnittlich 3000 Liter dieser Masse.
Walrat wurde besonders als Brennstoff in Öllampen (besonders in Leuchttürmen, Straßenlampen) verwendet, da es heller und sauberer verbrannte als jedes andere verfügbare Öl und keinen schlechten Geruch abgab.
Es wurde Ende des 19. Jahrhunderts durch billigeres, effizienteres Paraffinöl ersetzt.
Walrat war ein beliebtes Schmiermittel für feine leichte Maschinen wie Nähmaschinen und Uhren. Es wurde auch verwendet, um Metalle vor Rost zu schützen, weil es nicht austrocknet oder gummiartig wird und das Metall nicht angreift.
Es wurde später wegen seiner hohen Temperaturbeständigkeit primär als Hochdruck-Schmierstoff verwendet, war aber auch Bestandteil von Hydraulikflüssigkeiten, Tinten sowie als Imprägnierungsmittel. Wegen seiner Eigenschaften war Walratöl weit verbreitet in der Luft- und Raumfahrtindustrie.
Es konnte lange gelagert werden, hatte allerdings den Nachteil, dass es im Rohzustand sehr stank, darum musste es separat gelagert werden.
Als Ersatz für Walratöl dient heute insbesondere das Öl (Wachs) aus den Samen der Jojoba (Simmondsia chinensis), da es sehr ähnliche Eigenschaften aufweist.
Walrat wurde auch zur Herstellung von feinen Kerzen verwendet; diese leuchteten heller als Bienenwachs-Kerzen und verbrannten sauber, rochen aber stark nach Talg.
Purer Walrat ist sehr spröde und kann schlecht allein für Kerzen verwendet werden, weshalb es mit Bienenwachs, Talg und Stearinsäure vermischt wurde.
Es wurde auch in Kosmetika, zum Beispiel um 1890 in einer Cold-Cream-Rezeptur, in Appreturen für Textilien und Leder sowie als Weichmacher verwendet. Auch wurde er zum Überziehen von Trockenblumen verwendet.
Die Verwendung von Walrat in pharmazeutischen Zubereitungen (z. B. in Kühlsalbe) ist mit dem Erscheinen der achten Ausgabe des Deutschen Arzneibuchs im Jahr 1978 durch künstlich hergestelltes Cetylpalmitat oder Cetylstearylalkohol ersetzt worden.